Der Bau des Doppelenders vom Typ „Ingrid“nach Plänen von William Atkin
Ende 2009 war es denn soweit, daß der Bleikiel gegossen werden konnte. Im Laufe mehrerer Jahre hatte ich bei Dachdeckern genügend Blei gesammelt, teilweise auch gekauft und zu Barren eingeschmolzen um es zu reinigen.
Wie das Kielgießen geht, lernte ich von Klaus Rabe, einem Bootsbauer aus der Nachbarschaft, der einen John-Alden- Schooner baute. Es ging um 7 Tonnen Blei in 2 mal je 2 Badewannen. Dafür baute ich den Ofen.
Ich besaß jetzt genug Erfahrung um meinen eigenen Kiel zu gießen. Eine Woche hat es gedauert, den Kiel aus der Erde zu heben, ihn zu reinigen, zu hobeln, um ihn dann auszurichten, so daß die Löcher für die Kielbolzen gebohrt werden konnten.
Nachdem der Holzkiel mit dem Bleikiel verschraubt und ausgerichtet war, konnten Vorder- und Heckssteven montiert werden. Auf den Bildern sieht alles immer ganz einfach aus; das war es mitnichten. Immer wieder stieß ich auf neue, banale oder komplexe Probleme: z.B. ein sauberes Gewinde auf Edelstahlbolzen zu schneiden oder lange Bolzen durch ein Loch zu prügeln. Eine spezielle Schneidpaste und Löcher ein klein wenig größer bohren, das war es! Durch Fragen, Nachforschungen, Ausprobieren kam ich der Lösung meist schnell näher, aber bis dahin konnte es durchaus vorkommen, daß ich an meinen Fähigkeiten, dieses Projekt zu meistern, zu zweifeln begann.
Jetzt kam der große Augenblick, an dem ich die Mallen (Querschnitte aus Bauholz, die alle zusammen den Bootskörper darstellen) aufstellen konnte. Zusammen mit den Hilfsplanken wurde jetzt die ganze Form sichtbar, und was für eine schöne! Ich habe viel Zeit damit verbracht, sie aus allen Winkeln zu betrachten und mich daran zu erfreuen.
Der nächste Bauabschnitt war, die Spanten in Angriff zu nehmen. In den Plänen werden sie mit 2½x 2½’’ (Zoll) angegeben, dampfgebogen. Proben mit dampfgebogenen Hölzern wollten einfach nicht gelingen, auch nicht mit 1¼“ Hölzern. Ein enormer Energieaufwand und alleine kaum zu schaffen. Die Lösung waren lamillierte Spanten. Ein Bündel von 5 Leisten von je 10mm, mit Propeller-Leim versehen, wurden am Kiel – im Spantenschuh – festgemacht und langsam mit Zwingen an die Hilfsplanken herangezogen. 37 Spantenpaare, jeden Tag eines, 37 Tage!
Dann kamen die Bodenwrangen dran, die eigentliche Verbindung zwischen Spant und Kiel.
Hier gehört ein Foto der Bodenwrangen hin.
Dann war es Zeit, eine Kiellegungsparty mit Freunden zu feiern.
Bei der Außenhaut entschied ich mich für Strip-planking: Leisten aus sibirischer Lärche 2¼“ x 1¼“ konvex/konkav gefräst und auf Länge geschäftet. Sie wurden an die Spanten geschraubt und untereinander verklebt und verschraubt. Am kleinen Boot hatte ich damit bereits Erfahrung machen können. Manches sprach für dieses Verfahren: es entsteht bedeutend weniger Verschnitt als bei der Karwel-Plankung und es war eine Arbeit, die ich gut alleine machen konnte. Dann kamen die Bodenwrangen dran, die eigentliche Verbindung zwischen Spant und Kiel.
Früher wurden die Mallen eines Bootes oft von Generation zu Generation weitergegeben. Das Boot entwickelte sich sozusagen weiter. Gerne hätte auch ich sie einem Interessenten geschenkt, den ich leider nicht fand. Statt dessen wurden sie Stück für Stück zu Brennholz zersägt.
Bei vielen Besuchern des Schiffes bemerkte ich, daß sie von der Form und dem Material seelisch berührt wurden. Diese klassische Form aus der Blütezeit des Holzbootsbaus wird man immer seltener zwischen den industriell gefertigten „Plastikschüsseln“ finden.
Balkweger, Decksbalken, schwere Kniehölzer an Bug und Heck und um die Masten wurden aus zusammen geleimten Brettern hergestellt und verschraubt. Jetzt konnte das Deck aufgelegt werden, in derselben Leistenbauweise wie der Rumpf. Darüber eine dekorative Schicht aus dünnen Brettchen aus Lärche getrennt durch schwarze Fugen, eine Art Teak-Deck-Aussehen.
Das Deck sah sehr schön aus und geölt noch besser. Aber: sollte es so bleiben? An dieser Stelle machte ich einen Fehler: Ich baute keine Sperrschicht zwischen Deck und Dekoration ein. Sonne, Wind und Regen machten sich gleich an die Arbeit, kaum daß das Bauzelt weg war. Die Brettchen schrumpften und dehnten sich aus, die Fugen öffneten sich, manche Bretter wölbten sich, rissen und lösten sich aus der Verklebung, es drang Wasser darunter ein, folglich tropfte es auch in den Innenraum. Dies zu reparieren steht nun nach dem Umzug noch an: die Dekoration runter rupfen, eine Sperrschicht aufbringen und eine neue Oberfläche anbringen.
Zurück aber zum Rumpfaufbau. Um diesen gegen Wasser abzusperren und um eine zusätzliche Steifigkeit in das ganze Boot zu bringen, wurden 3 Schichten von 2,5 mm dickem Lärchen-Furnier kreuzweise aufgeklebt. Als letztes kam über den ganzen Rumpf noch ein Glasgelege, womit die strukturellen Arbeiten am Rumpf beendet waren. Mit dem Anbringen der Fußreeling waren dann die äußeren Holzarbeiten soweit abgeschlossen.
Zwischendurch hatte ich in meiner Werkstatt einen Großteil der Inneneinrichtung gebaut: Schotten, Türen, Schaps, Kojen, Tanks, den Motor eingebaut, die Elektrik entworfen und soweit vorgebaut, aber auch Matratzen angefertigt, die Waschbecken gedrechselt und, und, und… die meisten der Teile sind inzwischen eingebaut, vieles fehlt noch.
Letzten Sommer konnte ich die beiden Masten bauen. Auf Länge geschäftete und gehobelte Hölzer aus Sibirischer Lärche sind so zusammen geleimt, daß sich im Querschnitt ein Quadrat mit einem achteckigen Loch ergab. Es entstanden viereckige Klötze von 12 bzw. 8 m Länge, die zuerst zu einem 8 – Eck, anschließend zu einem 16 – Eck, usw. gehobelt wurden, bis sie rund waren. Die Oberfläche wurde mit Leinölfirnis und einem Anstrich aus mehreren Schichten Tungöllack behandelt.